Reisen mit Kleinkind – Ein Erfahrungsbericht aus Skandinavien

Vor etwa einem Jahr haben wir euch in unserem Artikel Reisen mit Baby – Ein Erfahrungsbericht aus Neuseeland die wichtigsten Gedanken und Überlegungen zu unserer Elternzeitreise sowie wichtige Planungshinweise für einen Urlaub mit Baby mitgeteilt. Jetzt ist unser Sohn schon fast drei Jahre alt und auch in dieser Zeit haben wir eine längere Reise mit Kind unternommen. Dabei ist uns deutlich geworden, nichts ändert sich so schnell wie das Leben mit einem Kleinkind. Natürlich gelten einige unserer damaligen Gedanken und Grundsätze auch heute noch, aber viele Dinge haben sich auch signifikant verändert.

Norwegen, 2019

Strand von Ramberg

Die Wahl des Reiseziels für eine Reise mit Kind

Auch im Sommer 2019 hatten wir wieder lange sechs Wochen gemeinsamen Urlaub, so dass einer ausgedehnten Fernreise eigentlich nichts im Wege gestanden hätte. Warum haben wir uns trotzdem dagegen entschieden? Die Frage ist schnell beantwortet: Wir wollten es uns nicht zumuten, über viele Stunden mit einem äußerst bewegungsfreudigen und aktiven Kleinkind in einem engen Flugzeug eingesperrt zu sein. War dies vor 1,5 Jahren noch überhaupt kein Problem, so wäre es in diesem Jahr für uns (und vermutlich auch alle anderen Fluggäste) purer Stress gewesen. Die nächste Fernreise werden wir also erst in einigen Jahren antreten, wenn Bücher, Boardprogramm und Spiele auch über eine längere Zeit interessant sind.

Aber auch Europa bietet viele tolle Reiseziele. Grundsätzlich ist eine Reise mit Kind in nahezu jede Region Europas möglich. Über Sicherheit und Grundversorgung muss man sich in den meisten Ländern keine Gedanken machen. Ausschlaggebend sind hier eher die Vorlieben der Erwachsenen. Grundsätzlich gilt, Kleinkinder sind dabei, die Welt im wahrsten Sinne des Wortes zu entdecken. Jeder Stein, jeder Stock oder auch jede Pfütze sind interessant. Für viele Kinder ist Wasser ein magischer Anziehungspunkt. Dabei muss die Umgebung noch nicht einmal besonders „exotisch“ sein. Auch der Badesee vor der Haustür sorgt für große Begeisterung. Lange Wanderungen oder ausgiebige Museumsbesuche stoßen hingegen meist nicht auf große Zustimmung und sind für die Kleinen äußerst langweilig. Das kann für uns Eltern dann sehr anstrengend werden.

Norwegen, 2019

Bucht nahe Stave auf Andøya

Warum Skandinavien?

Wir konnten dieses Mal wieder auf einen lang gehegten Wunsch unserer Bucket List zurückgreifen. Wir wollten schon immer „mit dem Wohnmobil ans Nordkap fahren“. Und so war das Ziel Skandinavien schnell klar. Skandinavien und insbesondere Schweden sind für uns der Inbegriff eines erholsamen und ruhigen Outdoor-Urlaubs, wie wir ihn lieben.

Die Entfernungen sind zwar nicht klein (Hamburg – Nordkap auf direktem Weg ca. 2700 Kilometer), aber das Fahren ist durch die geringe Verkehrsdichte und die tolle umliegende Natur deutlich angenehmer als eine 500 Kilometer lange Fahrt über deutsche Autobahnen. Für ein Kleinkind ist diese Strecke aber unendlich lang und muss durch viel Abwechslung und tolle Erlebnisse unterbrochen werden. Hier müssen wir allerdings anmerken, dass unser Sohn, auch wenn er grundsätzlich sehr aktiv ist, ein sehr guter Autofahrer ist. Für die Reise mit Kleinkind haben wir uns drei Vorgaben zu den Fahrtstrecken gemacht:

  1. Die einzelnen Tagesetappen sollten in der Regel nicht länger als maximal 250 – 300 Kilometer sein.
  2. Nicht jeder Tag sollte ein „Fahrtag“ sein. Wir wollten in regelmäßigen Abständen auch mehrere Tage an einem Ort verbringen.
  3. Der Weg ist das Ziel: wir wollten nicht auf direktem Weg in den hohen Norden rauschen sondern das Land erleben und auch die Zeit haben, schöne Ecken abseits der Hauptstraße zu erkunden.

Mit diesen Vorgaben stellte sich schnell heraus, dass das Nordkapp grundsätzlich möglich gewesen wäre. Allerdings wären wir mehr gefahren als gewollt. So strichen wir das Nordkapp schon in der Planungsphase für unsere Reis emit Kind und wählten die Lofoten. Diese standen ebenfalls schon lange auf unserer Bucket List.

Schweden, 2019

Kleiner Hafen in Ratan

Die richtige Unterkunft für eine Reise mit Kind

Die Wahl der Unterkunft fiel uns leicht. Wie schon auf unserem Roadtrip durch Neuseeland haben wir uns wieder für einen Camper entschieden. Dies ist für uns auch mit Kleinkind die ideale Reiseart. Die Gründe sind hierbei noch immer dieselben wie bei einer Reise mit Baby.

  1. Gerade für ein kleines Kind ist eine gewisse Kontinuität sehr wichtig. Wir wollten eine gewohnte und einheitliche Umgebung schaffen und unserem Sohn nicht jede Nacht eine neue Umgebung zumuten. Dies hat sich stets als sehr positiv erwiesen. Der Camper wurde schnell zum neuen Revier. Wo wir den Camper dann geparkt haben war nebensächlich.
  2. Für uns hatte das Reisen im Camper den Vorteil, dass wir nicht nach jeder Nacht das Auto und die Koffer neu packen mussten. Einmal in der Enge organisiert, hatte alles seinen Platz.
  3. Wer uns kennt weiß, dass wir unsere Roadtrips häufig sehr exakt planen. Aber gerade mit Kind sind genaue Pläne oft schwer umzusetzen. Die Reise im Camper bot hier maximale Flexibilität, da wir nicht auf (ggf. schon vorgebuchte) feste Unterkünfte angewiesen waren.

Neben den Überlegungen zum Kind war der Camper auch für unser Reiseziel Skandinavien die ideale Unterkunft. Skandinavien ist eine der ganz wenigen Regionen in Europa, in der man unter Beachtung des Jedermannsrechts noch in der freien Natur übernachten darf. Im ganz engen Sinn gilt das Jedermannsrecht allerdings nur für Wanderer und nicht für Fahrzeuge. In Schweden und Norwegen wird dies aber geduldet. Für uns ist dies ideal, da wir die Abgeschiedenheit und Ruhe lieben. Am liebsten übernachten wir auf einem kleinen Stellplatz mit direktem Zugang zum See oder Meer. Durch den Camper mit Kochmöglichkeit, gasbetriebenem Kühlschrank und kleinem „Badezimmer“ waren wir völlig autark.

Schweden, 2019

Übernachtungsplatz auf Hornslandet

Campingplätze

Campingplätze haben wir nach Möglichkeit gemieden und diese nur in eng besiedelten Gebieten oder zum Wäschewaschen aufgesucht. Wem die tägliche warme Dusche, eine feste Kochmöglichkeit, ein Stromanschluss oder WLAN wichtig sind, der findet in Schweden und Norwegen aber überall Campingplätze, die diesen Service bieten. Insbesondere im deutlich weniger bereisten Norden muss man sich hier keine Gedanken zum Vorbuchen machen. Meist gibt es keine festen Stellplätze sondern große Wiesen, auf denen sich immer noch ein Plätzchen findet.

Der richtige Camper

Waren wir in Neuseeland noch mit einem „Bulli“ (VW T5) unterwegs, war uns für diesen Urlaub klar, dass wir einen größeren Camper benötigen. Schon in Neuseeland war die Enge einer der Aspekte, die uns oft störten. In Skandinavien und insbesondere an der norwegischen Küste ist die Wahrscheinlichkeit für schlechtes Wetter hoch. Wir haben also damit gerechnet, uns auch mal für einige Tage überwiegend im Camper aufzuhalten. Für eine Reise mit Kind mussten also Bücher und Spielsachen mitgenommen werden. Auch für die schönen Tage hatten wir für unseren Sohn so einiges an zusätzlichem (nicht unbedingt notwendigem) Gepäck dabei. Unser Camper bot also genug zusätzlichen Stauraum für Kraxe, Laufrad, Sandspielzeug und Hochstuhl.

Gleichzeitig wollten wir aber keinen zu großen Camper. Schließlich wollten wir auch engere Nebenstraßen befahren und etwas abseits gelegene Stellplätze nutzen. Schlussendlich haben wir uns für einen Fiat-Ducato mit Alkoven-Aufbau entschieden. So hatten wir im Alkoven ein Doppelbett für uns und im Heck ein Etagenbett für unseren Sohn. Das untere Bett ließ sich hierbei mit einer Decke gut zu einer kleinen Höhle verschließen, so dass auch die Mitternachtssonne den Schlaf nicht trüben konnte. Außerdem konnten wir uns so noch bei Licht im „Wohnbereich“ aufhalten, wenn unser Sohn schon schlief.

Norwegen, 2019

Unser Übernachtungsplatz auf Andøya

Unternehmungen auf einer Reise mit Kind

Wie füllt man nun einen ganzen Tag mit Kleinkind. Hier gehen die Interessen von Kind und Erwachsenen weit auseinander. Während die Kleinen sich stunden- und tagelang an einem kleinen See aufhalten und dort voller Inbrunst Steine ins Wasser werfen können, wird dies für unternehmenslustige Erwachsene schnell langweilig. Insbesondere dann, wenn es sich nicht um einen interessanten Fotospot handelt. Hier muss also ein Kompromiss gefunden werden. Für uns sah dies so aus, dass wir auf Fahrten und Wanderungen immer wieder ausgiebige Entdeckungs- und Spielpausen eingelegt haben.

Auf längeren Wanderungen in unwegsamem Gelände kam auch in diesem Jahr wieder unsere Kraxe zum Einsatz. So konnte unser Sohn Strecken alleine laufen und sich zwischendurch in der Kraxe ausruhen. Außerdem hat sich deutlich gezeigt, dass unwegsames Gelände (z.B. direkt in den Schären oder auf kleineren Bergpfaden) das Laufen deutlich interessanter machte. Dennoch muss die Länge der Wanderung natürlich angepasst werden. Insbesondere muss dies in der Zeitplanung berücksichtigt werden, wenn man dem Kind die Freiheit gibt Strecken selbst zu laufen. Da unser Sohn lernen soll, Wanderungen mit Spaß und Freude zu erleben, haben wir uns die Zeit gerne genommen und uns immer wieder auch auf sein Tempo eingelassen.

Wenn die Stimmung zu kippen drohte, haben uns kleinere Snacks (z.B. geschnittenes Obst, ein wenig Käse, Brot oder auch mal ein Keks) über so manche Hungerstrecken hinweggeholfen. Auch ein kleines Spielzeug oder ein Pixiebuch in der Kraxe können gegen Langeweile Wunder wirken.

Norwegen, 2019

Sakrisøy

Für Stadtbesichtigungen und ebene Wege hatten wir das Laufrad mit und schon waren auch längere Strecken interessant. Insbesondere in größeren Städten, von denen wir zugegebnermaßen in Skandinavien nicht allzuviele besucht haben, sind auch Spielplätze eine gute Möglichkeit für eine Pause. Hier können sich die Kleinen nach Lust und Laune austoben.

Einzelne Wanderungen – wie zum Beispiel den Aufstieg zum Reinebringen auf den Lofoten – haben wir einzeln unternommen. Während einer sich um das Kind gekümmert hat, konnte der andere in Ruhe eine schöne Tour genießen. Dies ist sicherlich nicht das Optimum eines gemeinsamen Urlaubs. Es gab uns aber die Möglichkeit auch die Dinge zu erkunden, die mit Kind nur schwer oder gar nicht umzusetzen sind.

Norwegen, 2019

Altstadt von Trondheim

Fazit für eine Reise mit Kind

Alles in allem blicken wir auch jetzt mit Freuden auf unsere gemeinsamen Reisen zurück und freuen uns schon jetzt auf weitere Abenteuer.

Für die Reiseplanung mit Kleinkind gelten für uns folgende Punkte:

  1. Ein Ziel innerhalb Europas, um einen Langstreckenflug zu vermeiden.
  2. Auf einem Roadtrip überschaubare Fahrstrecken und Pausentage einplanen.
  3. Für einen Roadtrip mit vielen Zwischenhalten am besten einen ausreichend großen Camper wählen, um ständige Umzüge zu vermeiden.
  4. Auf Unternehmungen, die man gerne machen möchte, nicht verzichten. Diese aber an die Bedürfnisse des Kindes anpassen oder in Ausnahmefällen einzeln durchführen.

Skandinavien im Camper hat uns so gut gefallen, dass wir dies 2020 noch einmal wiederholen.

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